Die Liebe bleibt.

Es gibt Momente im Leben die einem so unfair erscheinen, dass einem die Worte fehlen. Es gibt Momente die einen vor Trauer verstummen lassen. Die Kehle zuschnüren. Da sind Zeiten in denen alles andere wichtiger ist, als dieser Blog, als Instagram und die Oberflächlichkeit der Menschheit. In diesen Momenten zählt nur Familie. 

Der September fing so schön an. Simon und ich packten unsere Sachen und machten uns auf den Weg in die USA. Mathilda war natürlich dabei, denn Urlaub ohne Kind ist für uns keine Option.

Wir hatten uns getraut. Was viele als Spinnerei abgetan haben, war für uns ein Traum, den es zu verwirklichen galt. Wir taten es. Buchten unsere Flüge, einen riesigen RV und die erste Nacht in San Francisco.

All das mit einem bitteren Beigeschmack, denn meinem Papa ging es nicht gut. Schon lange nicht mehr. Aber wir hatten die Hoffnung, dass alles wieder besser wird. Irgendwie. 

Als wir am 08. September in San Francisco landeten startete für uns ein riesiges Abenteuer. Wir waren mit unserer Tochter, die nicht mal ein Jahr alt war, über 9000 Km weit gereist. Von nun an begann, worauf wir uns so lange gefreut hatten. Simons Elternzeit und unsere Zeit zu dritt. 18 Tage nur wir. Im Hinterkopf hatte ich permanent einen „blinden Passagier“ an Board. Meinen Papa. War es richtig zu gehen? Sollte ich jetzt nicht eher zuhause sein? Tage der Hoffnung gingen Hand in Hand mit der Angst.

Was ist wenn Papa was passiert, wenn ich so weit weg bin? Gegen Ende unserer Reise spitzte sich die Situation zuhause, mehr noch im Krankenhaus, zu. Simon hing Ewigkeiten und ich meine wirklich EWIGKEITEN in der Airberlin Warteschlange mit der Hoffnung, dass wir unsere Flüge evtl. umbuchen könnten. Die Hilflosigkeit und Angst wurde mir besonders bei den langen Autofahrten klar. Normal waren genau diese Fahrten doch zum Sightseeing, Sehen und Staunen gedacht. Ich war zwar überall dort, aber mein Kopf war wo anders. Er war zuhause. Im Krankenhaus, bei Papa, bei meiner Mama und meinen Geschwistern. Für einen vorzeitigen Rückflug hätten wir 4700€ zahlen müssen. Die Versicherung hätte jedoch nur Rückflüge bis zu einem Wert von 2500 € erstattet. Wir überlegten trotzdem hin und her. Letzten Endes wurde die Zeit abgesessen bis wir zurück konnten. Zurück zu Papa.

In meinem Kopf kamen immer wieder diese Gedanken auf. Das kann es einfach nicht gewesen sein. Jede kleinste Reaktion, jedes Lächeln und jeder Augenaufschlag löste neue Hoffnung aus. Er braucht sicher nur Zeit um sich zu erholen. Jede Menge Zeit. Mittlerweile glaube ich dass ich einfach nicht wahrhaben wollten, was ich gedanklich schon tausend Mal durchgegangen bin. Papa war verdammt krank.

Einige Tage nachdem wir zurück in der Heimat waren änderte sich Papas Zustand drastisch und es geschah, wovor wir alle so eine große Angst hatten. Sein Herz hörte auf zu schlagen. Stille. Leere. Ein riesiges Loch in unserer Mitte.

Trauer muss gar nichts, überhaupt nichts.

Als Kind stellte ich mir immer vor, wie es sich wohl anfühlen muss so richtig zu trauern. Ich stellte mir vor, was es heißt zu Leiden und zu Weinen. Ich fragte mich ob man Trauern wohl lernen muss? Wie muss Trauer aussehen? Ich malte mir mit Spucke feuchte Augen. Heute weiß ich, Trauer muss gar nichts, überhaupt nichts. Trauern muss man nicht lernen.  Das einzige was man lernen muss ist, mit der Trauer umzugehen.

Die Liebe bleibt.

Jana


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Kommentare

4 Antworten zu „Die Liebe bleibt.“

  1. Avatar von laufcordi

    Mein tiefstes Beileid 😔 Sehr schön geschrieben. Ich musste diese Situation leider auch schon selbst miterleben. Und es braucht einfach Zeit. Zeit um die Trauer anzunehmen und noch einmal mehr Zeit um die Trauer zu verarbeiten. Ich wünsche euch und deiner Familie alles erdenklich Gute und viel Kraft für diese schwere Zeit!

    1. Avatar von jana
      jana

      Hey Cordi…ich danke dir von Herzen!! Alles Liebe für Dich!

  2. […] mir aktuell verdammt schwer. Wer nicht weiß wovon ich rede, liest sich am besten den Bericht hier durch. Ich hoffe ihr versteht, dass ich nicht weiter auf die Thematik eingehen möchte und deshalb […]

  3. Avatar von DennisTriathlon

    Auch mein tiefes Beileid. Ich wünsche dir und deiner Familie weiterhin alles erdenklich Gute und die Kraft diese Zeit zu meistern

    1. Avatar von jana
      jana

      Herzlichen Dank an dich Dennis!

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